Traumapädagogik für ukrainische Schulen
Seit dem Beginn des groß angelegten russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2024 haben die millionenfachen Erfahrungen von Tod, Gewalt, Bedrohung des eigenen Lebens oder des Lebens nahestehender Menschen, Verlust der Heimat, sexueller Gewalt, radikalem Verlust von Sicherheit und Geborgenheit tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen.
Die Folgen sind Verletzungen an Körper und Seele, die gerade bei Kindern und Jugendlichen oft zu schweren psychischen Traumatisierungen führen. Im Gegensatz zu vielen Erwachsenen verfügen sie weit weniger über den „Filter“ aus emotionaler Reife, Lebenserfahrung, verinnerlichtem strategischem Verhalten, kulturellen Erklärungsmustern und Mechanismen der Selbstdisziplin, die Erwachsenen im Idealfall ein gewisses Maß an Krisenresilienz verleihen können.
Im sozialen Raum der Familie ist es oft nicht möglich, Traumatisierungen und deren Folgen sinnvoll zu bearbeiten. Sei es aus mangelndem Problembewusstsein oder aus dem einfachen Grund, dass die ganze Familie unter Traumata leidet.
Vor diesem Hintergrund kommt der Schule als dem nach der Familie wichtigsten Sozialisationsraum für Kinder und Jugendliche eine wichtige Rolle beim Versuch einer erfolgreichen Intervention zu. Schweigsamkeit, Vermeidung von Blickkontakt, stereotype Bewegungen, starke Gewichtszunahme oder -abnahme – das sind wiederkehrende Anzeichen einer manifesten Traumatisierung. Und oft sind es die Lehrer, die als erste bemerken, dass mit einem Kind etwas „nicht stimmt“.
Traumapädagogik, die sich vor allem im deutschsprachigen Raum nach dem Zweiten Weltkrieg – auch vor dem Hintergrund kollektiver Traumatisierungserfahrungen – entwickelt hat, ist ein vielversprechender und vielfach erprobter Ansatz einer entscheidend niedrigschwelligen Intervention. Ziel der traumainformierten Versorgung ist es, zunächst tiefgreifende seelische Verletzungen zu erkennen und ihre Ursachen zu verstehen. In einem zweiten Schritt werden Maßnahmen zur emotionalen und sozialen Stabilisierung eines betroffenen Kindes oder Jugendlichen ergriffen.

Das vom Auswärtigen Amt geförderte Projekt „Traumapädagogik für ukrainische Schulen“ zielt darauf ab, den fachlichen Austausch zwischen deutschen und ukrainischen Expert*innen zu stärken. Besonders sollen diese in den Bereichen Psychologie, Pädagogik und Traumapädagogik gefördert werden. Außerdem soll ein Programm von Workshops zur Traumapädagogik für schulische Fachkräfte erstellt werden, sowie unterstützende, leicht anwendbare Materialien. Das Projekt wird vom 1. Juli 2023 bis zum 31. Dezember 2023 durchgeführt.
Vor allem aber ist dies eine Gelegenheit, Menschen in Zeiten der Not beizustehen, unsere Unterstützung und Solidarität zu zeigen, gemeinsam nach inneren Ressourcen und Wegen zu suchen, um unsere Resilienz und die der Kinder zu stärken.
Wir sind unseren ukrainischen Partnern – der Agentur für die Entwicklung der Bildungspolitik mit Sitz in Kiew – für die interessante und fruchtbare Zusammenarbeit sehr dankbar.


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